Wie geht es dem Saarland während der Pandemie? Ein Forscher-Team der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (htw saar) geht in dem vom Land geförderten Forschungsprojekt „Covid_Saar“ dieser Frage nach. Die Forschungsgruppe aus dem Bereich empirisches Marketing um Prof. Dr. Tatjana König hat in mehreren Erhebungswellen seit Beginn der Pandemie mehr als 1.200 Probanden im Saarland im Alter zwischen 18 und 73 Jahren befragt.

Lebenszufriedenheit sinkt in der 2. Pandemie-Welle spürbarer als in der 1.

In der ersten Pandemiephase war bis zum Sommer 2020 insgesamt nur ein leichter Rückgang in der Lebenszufriedenheit der Befragten zu verzeichnen. Frauen sind von diesem Rückgang signifikant stärker betroffen als Männer. Weiterhin ist die Lebenszufriedenheit von Eltern deutlicher gesunken als die von kinderlosen Befragten.

Während der zweiten Erhebung im Herbst/Winter 2020/2021 gaben bereits mehr als 50% der Befragten an, dass ihr subjektives Wohlbefinden während der zweiten Pandemie-Welle abgenommen oder deutlich abgenommen hat. Bei der Lebenszufriedenheit konnte das Forscherteam sogar für mehr als 60% der Befragten einen Rückgang messen.

Gefühlte Einsamkeit und Stress haben den größten Einfluss auf die Lebenszufriedenheit

Dabei scheinen die Persönlichkeitsdimensionen aus dem Fünf-Faktor-Modell der Persönlich­keitspsychologie wie Extrovertiertheit und emotionale Stabilität keinen direkten Einfluss auf die Entwicklung der Lebenszufriedenheit zu haben. Dies gilt jedoch nicht für den Faktor Resilienz, der sich auf die psychische Widerstandsfähigkeit bzw. Krisenfestigkeit bezieht. Erstaunlich ist jedoch, dass das Forscherteam nur einen vergleichsweise geringen Einfluss der Resilienz auf die Entwicklung der Lebenszufriedenheit in der Gesamtsicht feststellen konnte. Einen deutlich stärkeren Einfluss zeigt der empfundene Stress. Die gefühlte Einsamkeit wirkt jedoch insgesamt am stärksten auf die Lebenszufriedenheit.

Ein Blick in unterschiedliche Bevölkerungsgruppen liefert dabei ein sehr viel differenziertes Bild der Einflussfaktoren. So zeigt sich beispielsweise, dass die Stressfaktoren bei männlichen Befragten einen stärkeren Einfluss auf die Lebenszufriedenheit ausüben als bei weiblichen Befragten. Weiterhin leiden jüngere Befragte unter den Corona-Maßnahmen, die zu Distanz und Isolation führen können, deutlich stärker als ältere Befragte. Entsprechend ist in Bevölkerungsgruppen unter 30 Jahren der Einfluss der Einsamkeit auf die Lebenszufriedenheit stärker als die Stressfaktoren.

„Die unterschiedlichen Gewichte, mit denen Einsamkeit und Stressfaktoren auf die Lebenszufriedenheit drücken‘, stehen für die Unterschiedlichkeit, mit der die verschiedenen Bevölkerungsgruppen von der Pandemie betroffen sind“, so Studienleiterin Tatjana König. Systemrelevante Kräfte, berufstätige Eltern und Alleinerziehende sind stark belastet, während Alleinlebende, die von zu Hause arbeiten oder studieren eher unter der isolationsbedingten Einsamkeit leiden. Begrenzter Wohnraum ohne Balkon- und Gartenzugang verstärken dabei messbar das Problem der gefühlten Einsamkeit. Kritisch merken die Autoren der Studie an, dass Bevölkerungsgruppen über 60 Jahre in der Studie unterrepräsentiert sind. Dies soll sich in der dritten Befragungswelle, die in Vorbereitung ist, ändern.

Diejenigen Befragten, die zu den system-relevanten Berufsgruppen gehören, heben sich von den übrigen Befragten dadurch ab, dass hier sowohl der Stress als auch die gefühlte Einsamkeit nahezu gleich stark auf die Lebenszufriedenheit wirken. Eine mögliche Erklärung für dieses Ergebnis ist, dass die fortwährende Überlastung am Arbeitsplatz wenig Ressourcen für das Privatleben bzw. die ohnehin eingeschränkten Kontaktmöglichkeiten lässt.
 

Veränderung der Gemütslage ist bei jungen Frauen am stärksten ausgeprägt

Frauen waren vielfach bereits von der ersten Pandemie-Welle stärker betroffen als Männer. In der Herbst-/Winter-Erhebung weisen wiederum weibliche Befragte stärkere Veränderungen in der Gemütslage auf als männliche, insbesondere höhere Erschöpfungswerte. Auffallend ist dabei, dass jüngere Frauen (< 30 Jahren) die größten Veränderungen bei den Pandemie-Zeit bedingten Emotionen zeigen. So empfinden weibliche Befragte unter 30 Jahren den Rückgang in der Freiheit und die Zunahme von Isolation, Stress, Erschöpfung und Überforderung stärker als andere Bevölkerungsgruppen.


 

Quantifizierung der Pandemie-Müdigkeit (Corona-Fatigue)

Neben den Einflussfaktoren auf die Lebenszufriedenheit, konnte im Rahmen der Studie die häufig empfundene Pandemie-Müdigkeit (Corona-Fatigue) quantifiziert werden. So wünschen sich mehr als dreiviertel der Befragten, endlich wieder unbeschwert leben zu können. Und deutlich über 90 Prozent haben sich bereits während der Wintermonate ein baldiges Ende der Corona-Zeit gewünscht. Relativ gelassen reagierte jedoch ein erheblicher Teil der Befragten auf die Frage nach der Akzeptanz von dauerhaften Corona-bedingten Einschränkungen, diese wurde lediglich von weniger als 30 Prozent abgelehnt oder deutlich abgelehnt. Nahezu 80 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass die Pandemie langfristig ihr Leben beeinflussen wird, aber nur die Hälfte der Befragten sieht dadurch einen langfristigen Effekt auf die persönliche Lebenszufriedenheit.

Fazit

Insgesamt hat die Pandemie zu einer Verschiebung der Arbeitsbelastungen sowie zu Isolationstendenzen in der Gesellschaft geführt. Während systemrelevante Kräfte und Familien häufig überlastet sind, kann bei anderen Bevölkerungsgruppen die gefühlte Einsamkeit sich bis hin zu depressiven Tendenzen verstärken. Hier ist die Politik gefordert, Maßnahmen zum Ausbalancieren dieser Ungleichgewichte zu entwickeln bzw. zu unterstützen.

 

Kontakt

Prof. Dr. Tatjana König
Professorin für Marketing, htw saar
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